berufliche Neuorientierung in der krise sinnvoll?

Pssst… Wann es (auch in Krisenzeiten) wirklich sinnvoll ist, den Job zu wechseln – und wann nicht

Kennst du das? Deine innere Stimme mit dem Wunsch nach beruflicher Veränderung wird immer lauter. Die Reaktion: Schnappatmung, Schweißausbrüche. Denn, äh hallo? Berufliche Veränderung? Wir haben Krise. Und zwar schon ziemlich lange.

Nicht, dass die Pandemie uns nicht schon genug zugesetzt hätte, nein, jetzt kommt der Krieg in Europa und die Energiekrise noch dazu. Wie kann man in dieser Situation bitte auch nur ansatzweise an eine berufliche Neuorientierung denken?? „Ich kann so froh sein, überhaupt einen sicheren Job zu haben.“ Denkst du – und versuchst das Thema zur Seite zu schieben.

Wenn du dich bis hier wiederfindest, dann ist dieser Blogbeitrag für dich.

Und vielleicht starten wir erstmal damit, wann es NICHT sinnvoll ist, den Job hinzuschmeißen und sich was Neues zu suchen. Mir fallen da spontan 3 Gründe ein:

Unzufriedenheit seit kurzer Zeit

Lass es uns direkt auf den Punkt bringen: es gibt nicht DEN Job, bei dem immer alles super ist. Das weißt du natürlich. Selbst bei mir als Selbständige, die sich ihren Job ja komplett selbst „bauen“ konnte, gibt es natürlich einige Dinge, die ich schlicht verfluche (Hallo Buchhaltung…). Es kommt auf die Menge der Dinge an, die dich frusten im Verhältnis zu den Dingen, die dir Freude machen. Wichtig ist natürlich, dass die schönen Dinge deutlich (!) überwiegen. Sagen wir mal es sollte schon so 70:30 sein. Das mal vorweg.

Und dann ist es natürlich so, dass es immer mal Phasen geben kann, wo es echt grade super schwierig ist, wo sich blöde Aufgaben häufen, du vielleicht auch noch ständig die Krankheitsvertretung „nebenbei“ schmeißen musst und die Stimmung insgesamt auf dem Tiefpunkt ist. Wichtig ist, dass du nicht zu schnell alles hinschmeißt. Sondern erstmal genau in die Analyse gehst: wie lang bin ich eigentlich unzufrieden? Wenn es erst 1 Woche ist, dann warte bitte ab… Wenn es 1 Jahr ist, geh das Thema weiter an und analysiere für dich die Gesamtsituation, womit du eigentlich unzufrieden bist und ob das in irgendeiner Form zu ändern ist.

Konflikte und negatives Feedback

Der zweite Punkt, den einige Menschen manchmal zu schnell den Entschluss fassen lässt zu kündigen sind Konflikte und negatives Feedback. Und hier muss man natürlich auch wieder differenzieren. Selbstredend, dass du bei Mobbing oder extrem toxischem Umfeld dir selbst keinen Gefallen tust. Bei anderen Konflikten hingegen kann es sehr (!) lohnenswert sein, daran zu arbeiten. Und ja, natürlich weißt du, dass du den anderen eh nicht ändern kannst, schon klar. Was du aber ändern kannst: deinen eigenen Umgang damit. Denn damit kannst du dann wiederum Änderungen des anderen bewirken. Ziemlich klug, nicht immer einfach (da kann ein Coaching helfen), aber super wertvoll. Für dich: weil du eure Wechselwirkung verstehst und aktiv Einfluss nehmen kannst. Für dich: weil es möglicherweise Themen sind, die dir so oder so ähnlich immer mal wieder passieren – hmmm, und daher waaaahrscheinlich auch in nem neuen Job. Für dich also: weil du viel handlungsfähiger in Zukunft bist und aktiv die Situation verbessern kannst. Und letztlich lernst du ziemlich gut, mit schwierigen Menschen umzugehen.

Andere Stelle lockt mit mehr Geld

Meine Meinung: etwas mehr Geld sollte nicht der einzige Beweggrund sein zu wechseln. Geld ist schön und gut, ja – aber wenn der Rest nicht stimmt, bringt dir das auch nichts. Denn dann ist es nur eines: Schmerzensgeld. Und vielleicht hast du es auch schonmal gehört: das Lebensglück steigt ab einem Jahreseinkommen von 60.000 € nicht mehr weiter an.

 

So, nun haben wir also 3 Szenarien, bei denen du dir sehr gut überlegen solltest, ob es sinnvoll ist den Job hinzuschmeißen. Übrigens ganz unabhängig von Krisenzeiten.

Kommen wir nun zum (noch) spannenderen Teil: was sind Gründe dafür, den Jobwechsel anzugehen, auch wenn gerade alle von Krise sprechen?

Gesundheit vor allem

Wenn der Job dir an deine (mentale oder physische) Gesundheit geht, ist für mich der unverhandelbare Punkt erreicht, wo du gehen solltest. Die Notbremse ziehen, und zwar bitte BEVOR es gesundheitlich so richtig den Bach runtergeht.

Und da zähle ich eine langfristige Unzufriedenheit mal mit dazu, denn die wird wahrscheinlich über kurz oder lang dazu führen, dass du das auch gesundheitlich merkst.

Gesundheit geht immer vor – und zwar (selbstredend) auch dann, wenn draußen grade Krise ist. Denn sind wir mal ganz ehrlich: dein „sicherer“ Job (das ist es doch, was dich hält, oder?) nützt dir dann auch nichts mehr, wenn du beispielsweise ein Burnout bekommst – und dann gar nix mehr geht. Gesundheitliche Sicherheit (wenn ich das mal so nennen darf) ist daher auch wichtig (in meinen Augen wichtiger als finanzielle Sicherheit). Und, das wirst du während der Pandemie ja auch mitbekommen haben: viele ach so sicher geglaubten Jobs waren auf einmal gar nicht mehr sicher. Diese Sicherheit ist also auch ein Trugschluss. Und vor allem: du hast es nicht in der Hand. Das ist das Entscheidende.

Innere Sicherheit ist wichtiger als äußere

Was jedoch viel wichtiger ist (und was du by the way auch in der Hand hast): deine eigene, innere Sicherheit. Damit meine ich, dass du dir deiner selbst sicher bist. Zum einen darüber, was du wirklich kannst und willst und auch brauchst, um beruflich zufrieden zu sein (um das dann – na logo – auch selbstsicher im Vorstellungsgespräch kommunizieren zu können). Zum anderen fühlst du dich dann innerlich sicher, wenn du weißt, dass du in der Lage bist, mit neuen Situationen umzugehen. Flexibel zu sein. Und sich damit auch selbstwirksam zu fühlen. Selbstwirksamkeitserwartung meint nach dem Psychologen Albert Bandura, dass du dir selbst vertraust, „aufgrund eigener Kompetenzen gewünschte Handlungen auch in Extremsituationen erfolgreich selbst ausführen zu können“ (Wikipedia). Und wenn du dir jetzt denkst: „Ist ja schön und gut für die, die das haben – ich hab’s nicht so wirklich doll ausgeprägt.“ – warte noch.

Selbstwirksamkeitserwartung ist lernbar. Zum einen natürlich dadurch, dass du selbst schwierige Herausforderungen meisterst – und dadurch gestärkt bist und dich sicherer fühlst. Und ja, du wirst es ahnen: sich beruflich neu zu orientieren kann dich also auch stärker machen. Weil du diese Herausforderung (die Veränderungen immer auch sind) bewältigt hast. Und da sich die Arbeitswelt der Zukunft ohnehin sehr ändern wird und wir nicht genau wissen, was kommt, kann man nicht früh genug damit anfangen, den Umgang mit Ungewissheit zu trainieren. Zweitens lässt sich die Selbstwirksamkeitserwartung erhöhen durch Erfahrungen von (dir möglichst ähnlichen) anderen aka Lernen am Modell. Außerdem gibt’s da noch die verbalen Ermutigungen anderer und den erfolgreichen Umgang mit Emotionen (z.B. Stressreaktionen vermindern).

Du siehst also: du kannst was dafür tun, dass du in dir eine Sicherheit spürst, die dir gerade in Krisenzeiten viel mehr hilft als eine vermeintliche äußere Sicherheit.

Fazit

Wenn du für dich also spürst, dass die Zeichen auf Veränderung stehen, schenke dieser inneren Stimme, diesem inneren Bedürfnis Beachtung. Und ja: Angst gehört dazu (auch ich kenne das). Die darf auch sein und hilft dir, wohlüberlegt zu handeln und nichts zu überstürzen.

Und damit Veränderung leichter wird, möchte ich dir zum Abschluss zwei Impulse mitgeben.

Es ist absolut normal, in unsicheren Zeiten an etwas bekannten, beständigen festzuhalten. Das gibt uns Sicherheit und ein Gefühl der Kontrolle zurück. Wenn du also beruflich etwas veränderst, schau mal, ob es für dich sinnvoll ist, an anderen, wertvollen Routinen für dich festzuhalten.

Oder andersrum: wenn du (noch) nicht bereit bist, den Job zu wechseln, schau was du dir sonst noch ausgemalt hast für deine berufliche Zukunft und was du davon du schon HEUTE umsetzen kannst.

Über mich

Anne Klien Coach berufliche Neuorientierung

Hallo, ich bin Anne, Psychologin und Coach.

Die Selbständigkeit war ehrlicherweise kein Weg, der mir auch nur ansatzweise in die Wiege gelegt wurde. Wäre ich also meinem Muster weiter gefolgt, so würde ich noch heute als halb-zufriedene Personalerin arbeiten. Dass ich trotz Sicherheitsbedürfnis und Zweifeln komplett neue Wege gegangen bin, hilft mir, deinen Struggle im Veränderungsprozess zu verstehen und GLEICHZEITIG dafür zu sorgen, dass du losgehst. Weil ich weiß: nur durchs Losgehen finden wir unser Ziel. Und nur durchs Losgehen wachsen wir.

Beim Losgehen möchte ich dich begleiten: durch den Blog und meine Coaching-Angebote.

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